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Quo vadis europäische Batterietechnologie?

Ein Industriekonsortium aus zwölf EU-Staaten plant Milliardeninvestionen in die europäische Batterieentwicklung und -produktion. Doch kommt dieser Schritt noch rechtzeitig? Dazu hat i.m einen Experten befragt.
Wolfgang Bernhart ist Partner der Unternehmensberatung. Bild: Roland Berger

Während China aktuell die Batterieherstellung mit mehr als 70 Prozent des globalen Produktionsvolumens dominiert, baut Europa die Kapazitäten aus. Gerade hat die EU-Kommission den Weg frei gemacht für ein neues Industriekonsortium bestehend aus 42 Unternehmen aus zwölf EU-Staaten und damit für weitere Milliardeninvestitionen in Batterieproduktion und -entwicklung.

Das Ziel: Bis 2024 soll das Produktionsvolumen des Kontinents auf einen globalen Marktanteil von 15 Prozent steigen und ein Volumen von mehr als 3,1 Milliarden Euro erreichen. Zum Vergleich: 2019 lag der Marktanteil berechnet nach Gigawattstunden bei nur 6 Prozent. Diese Prognosen haben die Experten von Roland Berger gemeinsam mit der RWTH Aachen in einer aktuellen Studie erstellt.

Doch ist der Rückstand in Sachen Batterien für E-Fahrzeuge für Europa noch aufholbar? Dazu hat Incoming Mobility Wolfgang Bernhart, Partner der Unternehmensberatung Roland Berger, befragt.

i.m: Wie groß ist der Rückstand der europäischen Zuliefer-/Autoindustrie bei den Batterien – in Sachen Menge aber auch in Sachen Know-how?
Bernhart: Die Produktion von Batterien wird dominiert von asiatischen Herstellern wie LG ENERSOL, CATL, Samsung und SK. Daneben versuchen einige neue europäische Player in den Markt zu kommen – darunter Varta in Deutschland, SAFT mit PSA als Partner als ACC in Frankreich, Northvolt in Schweden, auch gemeinsam mit Volkswagen.
Die Fahrzeughersteller haben bereits eine Menge Know-how aufgebaut und gehen teilweise auch mit Partnern in die Zellfertigung, einen Wissensrückstand würde ich daher nicht sehen.

i.m: Was sagen Sie zu folgender These, die auch der eine oder andere Experte vertritt: Es macht überhaupt keinen Sinn für die deutschen Zulieferer/Autobauer, in Lithium-Ionen-Batterien zu investieren, um den Rückstand aufzuholen. Vielmehr sollten sie gleich zu neuen Batterietechnologien (z.B. Feststoff) gehen, da der Rückstand bei Lithium-Ionen eh nicht mehr aufholbar ist.
Bernhart: Ein eigenes Engagement in Solid State mit dem Ziel selbst zu produzieren, ist nur sinnvoll, wenn zuvor Industrialisierungs-Know-how in konventionellen Zellen aufgebaut wurde. Allerdings ist es sinnvoll, mit Unternehmen zu kooperieren, die bereits erste Erfolge aufweisen, um an Technologie und gegebenenfalls Wertsteigerungspotenzial zu partizipieren.

i.m: Wie werden sich in den nächsten Jahren die Preise der Batterien entwickeln? Was kostet eine Batterie bzw. die Kilowattstunde heute und in fünf Jahren?
Bernhart: Batteriepacks kosten heute zwischen 110 und 140 EUR/kWh, Hochenergiezellen zwischen 75 und 95 Euro/kWh. Fortschritte in Zellchemie, -design und -produktion können die Aufwendungen auf unter 60 Euro senken. Allerdings besteht ein erhebliches Kostenrisiko bei Rohmaterialien, speziell Lithium, aber auch Nickel und Kobalt, das diese Verbesserungen „aufzufressen“ droht.

kt

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