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Plug-in-Hybrid: „Die Erfolgstechnologie der nächsten Dekade“

Im Interview: Harald Kröger, Vice President Elektrik/Elektronik & e-Drive, Mercedes-Benz Cars über die Strategie des Stuttgarter Autobauers bei den alternativen Antrieben.
Vorreiter: Die Markteinführung des S 500 Plug-in-Hybrid fand Ende September 2014 statt. Der nächste Plug-in von Mercedes-Benz soll in der C-Klasse folgen.

Herr Kröger, Mercedes-Benz-Vorstand Thomas Weber hat angekündigt, die Plug-in-Hybrid-Technik „schnellstmöglich“ zu etablieren, um die strengeren CO2-Grenzwerte der EU zu erreichen. Worin besteht für Mercedes-Benz in der Plug-in-Hybrid-Technik das entscheidende Plus?

Die Kombination aus Verbrennungsmotor und Elektroantrieb hilft, den Gesamtverbrauch zu senken und die Performance zu steigern, da der E-Antrieb den Verbrennungsmotor dort ersetzt oder unterstützt, wo der Verbrenner eher ungünstiges Verhalten zeigt. Der S 500 Plug-in-Hybrid untermauert unseren Anspruch auf Technologieführerschaft. Mit einem  Normverbrauch von 2,8 l/100 km ist die Luxuslimousine die Benchmark in ihrer Klasse. Das entscheidende Plus unserer Technologie ist dabei die intelligente Betriebsstrategie und ganz klar die Möglichkeit des vollständig emissionsfreien Fahrens: bis zu 33 km im Fall der S-Klasse.

Harald Kröger, Vice President Elektrik/Elektronik & e-Drive bei Mercedes-Benz Cars: „Die Zukunft liegt in der Elektrifizierung des Antriebs.“ Bild: Daimler

Sind diese 33 km eine elektrische Reichweite, bei der Platzbedarf und das Gewicht der Batterie noch vertretbar sind?

Die Batterie des S 500 verfügt über einen Energiegehalt von 8,7 kWh. Das stellt den besten, alltagstauglichsten Kompromiss zwischen Reichweite, Kofferraumvolumen und Gewicht dar. Eine höhere elektrische Reichweite bedeutet heute gleichzeitig eine größere Batterie.

Und wie sieht es mit der maximalem Geschwindigkeit im E-Modus aus? Ab wann macht es keinen Sinn mehr, rein elektrisch zu fahren?

Wirtschaftlichkeit hängt nicht nur von der Geschwindigkeit ab, sondern auch vom aktuellen Ladezustand der Batterie. Während der E-Motor im unteren Bereich seine Vorteile ausspielt, tut der Verbrenner dies im oberen Bereich. Die Betriebsstrategie wird einerseits darauf und andererseits im Hinblick auf Agilität ausgelegt. Faktisch kann der S 500 bis 140 km/h rein elektrisch fahren. Darüber ist dies elektronisch abgeriegelt.

Können Sie skizzieren, wo der S 500 Plug-in-Hybrid seine Stärken hat – eher auf der Lang- oder auf der Kurzstrecke?

Der S 500 Plug-in-Hybrid spielt sowohl auf Langstrecken via Autobahn als auch in der Stadt seine Stärken aus. Das macht ihn ja so besonders. Auf der Autobahn sticht der effiziente Hybridantrieb hervor: Elektrifizierung der Nebenverbraucher, Segeln im Schubbetrieb, Rekuperation beim Verzögern und nicht zuletzt die Intelligenz der vorausschauenden Betriebsstrategie, die unter Einbeziehung von Navigations- und Radardaten eine optimale Ausnutzung der elektrischen Energie bewirkt. So wird beispielsweise auch sichergestellt, dass bei Langstreckenfahrten innerstädtische Anteile rein elektrisch gefahren werden können. Denn auch für Langstreckenfahrten gilt, dass diese meist innerorts beginnen und enden.

Plant Daimler wegen der skizzierten Vorteile, das Plug-in-Konzept auf weitere Modelle auszudehnen?

Der Plug-in-Hybrid ist definitiv eine Investition in die Zukunft und wir glauben, dass dies die Erfolgstechnologie mindestens der nächsten Dekade wird. Nicht umsonst bringen wir bis Ende 2017 zehn neue Plug-in-Hybrid-Modelle auf den Markt – quasi alle vier Monate ein neues Modell. Nach der Markteinführung des S 500 Plug-in-Hybrid ist als nächster Schritt die Hybridisierung der C-Klasse geplant, gefolgt vom SUV-Segment.

Einblick: Anordnung der HV-Komponenten im S 500 Plug-in-Hybrid.

Kommen wir zur Ladethematik. Laut Vorstand Thomas Weber soll die S-Klasse noch in dieser Modellgeneration mit einem System für induktives Laden angeboten werden. Wird die S-Klasse dann sowohl induktiv ladbar sein als auch an der Steckdose?

Der Kunde hat auch immer die Möglichkeit, konduktiv (Anmerk. d. Red.: per Kabel) zu laden. Das kabellose Laden wird das Handling jedoch komfortabler machen. Das Ein- und Ausstecken des Ladekabels entfällt und die Batterie wäre nach jedem Aufenthalt zu Hause geladen.

Wann kann man denn mit der Marktreife eines induktiven Ladesystems rechnen?

Das System befindet sich derzeit noch im Entwicklungs- und Erprobungsstadium. Über die Markteinführung werden wir natürlich zu gegebenem Zeitpunkt informieren.

Werden dann für den Home-Bereich spezielle Induktivladesysteme und -lösungen angeboten? Wenn ja, mit welchen Partnern?

Wir werden in naher Zukunft eine Home-Charging-Variante anbieten. Das System wird dabei sehr kundenfreundlich gestaltet: Der Nutzer legt sich die Ladeplatte auf den Boden seiner Garage oder seines Stellplatzes, steckt den Stecker der Platte in eine ganz normale Steckdose – und mehr ist es nicht.

Kabellos: Mercedes Benz arbeitet an der Marktreife induktiver Ladesysteme.

Wie soll nach den Vorstellungen von Daimler die  Bereitstellung von (Park-) Plätzen mit Induktivladestellen vonstattengehen? Wer soll finanziell dafür aufkommen?

Analog den Ladesäulen für kabelgebundenes Laden können Ladeflächen sowohl von privater als auch von öffentlicher Hand finanziert werden. Die Kosten für eine induktive Lade-Infrastruktur im öffentlichen Raum dürften dabei in der gleichen Größenordnung liegen wie bei den herkömmlichen Ladesäulen der Energieversorger.

Vier Modi: Neben dem Hybridmodus und dem E-Modus für reines elektrisches Fahren steht der E-Save-Modus zur Verfügung. Damit lässt sich etwa bei einer Überlandfahrt Energie für späteres elektrisches Fahren (z.B. in der Stadt) aufsparen. Charge steht für den Ladebetrieb.

Kommen wir zum Ende: Bedeutet die Fokussierung von Daimler auf die Plug-in-Hybrid-Technik, das Elektrofahrzeug und Brennstoffzelle zunächst hinten anstehen oder werden die beiden letztgenannten Technologien mit gleicher Intensität verfolgt?

Das eine schließt das andere nicht aus. Die Zukunft liegt in der Elektrifizierung des Antriebs und unser Ziel ist es, jedes Mobilitätsszenario so effizient wie möglich zu gestalten. Dazu gehören effiziente Hybride genauso wie reine Elektrofahrzeuge – ob mit Batterie oder Brennstoffzelle. Mit der B-Klasse Electric-Drive bringen wir in Kürze ein vollelektrisches Fahrzeug auf die Straße, das souveränen Fahrspaß für rund 200 km Reichweite garantiert. Und auch Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle werden wir in ein paar Jahren in großen Stückzahlen auf den Markt bringen.

Herr Kröger, herzlichen Dank.

Die Fragen stellten Ralf Lanzinger und Torsten Schmidt.

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