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Wasserstoff im Verbrenner?

Diskussionen über eine Senkung der CO2-Abgaswerte bis 2030 zeigen die Notwendigkeit auf, emissionsfreie Technologien zu entwickeln. Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor steht dabei vor allem für den Transportsektor im Fokus.
Wasserstoff-Verbrennungsmotor
Das Interesse für Wasserstoff-Verbrennungsmotoren ist momentan auf den Nutzfahrzeugsektor konzentriert. Erste Autohersteller fragen jedoch schon nach Lösungen für den Light-Commercial- und Pkw-Bereich. Bilder: FEV

Laufende Diskussionen über eine Senkung der CO2-Abgaswerte bis 2030 zeigen die Notwendigkeit auf, emissionsfreie Technologien zu entwickeln. Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor steht dabei vor allem im Transportsektor zunehmend im Fokus. KRAFTHAND hat sich bei einem Experten für Fahrzeug- und Antriebsentwicklung über den Status quo informiert.

Laut Professor Stefan Pischinger, Vorsitzender der Geschäftsführung bei FEV, einem unabhängigen Dienstleister in der Fahrzeug- und Antriebsentwicklung, stellt der Wasserstoff-Verbrennungsmotor eine robuste und kosteneffiziente Option für CO2-neutralen Transport dar. Gegenüber einem Standardbenzinmotor ergebe sich allerdings ein höherer Zylinderspitzendruck und somit die Notwendigkeit, Bauteile wie beispielsweise die Kurbelwellenlagerung robuster auszuführen.

Dem Ottomotor sehr ähnlich

Der Experte betont, dass zwar einige Teilsysteme des Motors an den Betrieb mit Wasserstoff angepasst werden müssen, trotzdem aber kein grundlegender Unterschied zu einem Benzinmotor besteht. Fakt ist allerdings auch, dass Wasserstoff aufgrund seiner spezifischen chemischen Eigenschaften, wie der weiten Entflammbarkeitsgrenzen, der kurzen Zündverzugszeit und der geringen minimalen Zündenergie, einige Herausforderungen mit sich bringt.

Druckniveau

Um beispielsweise bestehende Sicherheitsanforderungen zu erfüllen und aufgrund der Notwendigkeit eines sicheren sowie konstanten Drucks vor dem Injektor, stellt Wasserstoff besondere Anforderungen an das Design der Kraftstoffrails. „Für unseren Forschungsmotor haben wir ein fast druckschwingungsfreies Kraftstoffrail entwickelt“, so Pischinger. Und er ergänzt: „Dieses Wissen wurde bereits erfolgreich auf laufende Kundenprojekte übertragen, unabhängig vom Einspritzsystem – Saugrohr- oder Wasserstoff-Direkteinblasung.“

Hinzu kommt, dass Wasserstoff aufgrund vorhandener Infrastruktur bei den meisten Anwendungen in den nächsten Jahren noch gasförmig gespeichert werden wird. Das gewählte Druckniveau ist dabei zwar von der geforderten Reichweite der gewählten Anwendung abhängig. Bei klassischen HD-Truck-Anwendungen sieht FEV aber eine Entwicklung in Richtung 500 bis 700 bar.

Gemischaufbereitung

Neben der Kraftstoffzufuhr des Wasserstoffs über die Rails erfordert auch die Einbringung in den Brennraum durch die Injektoren und der damit einhergehende Mischprozess mit der Ansaugluft ein tiefes Verständnis von Strömungsdynamik und Wechselwirkungen. „Es gilt, eine optimale Gemischhomogenität sicherzustellen, die letztlich zu niedrigen NOx-Emissionen in Kombination mit höchster Motoreffizienz führt“, erklärt Pischinger.

Zündsystem

Die weiten Entflammbarkeitsgrenzen und die geringe benötigte Zündenergie stellen laut dem Experten ebenfalls hohe Anforderungen an das Zündsystem, wobei der Unterdrückung jeglicher Art von unbeabsichtigter Entladung eine entscheidende Rolle zukommt. Zusätzlich führen hohe Flammtemperaturen zu einem erhöhten Elektrodenverschleiß. Dem kann, so Pischinger, aber durch die Regelbarkeit der Zündenergie entgegengewirkt werden.

Weitere Besonderheiten

Die geringe Dichte von Wasserstoff führt zudem zu einer Ansammlung von Wasserstoff im Kurbelgehäuse des Motors, wodurch laut FEV die untere Explosionsgrenze überschritten würde. In Kombination mit der geringen erforderlichen Zündenergie könne dieser Effekt zu schweren Motorschäden führen. „Uns ist es gelungen, dieses Risiko auszuschließen. Das gilt für alle Motoren, die wir bisher an Kunden geliefert haben“, betont Pischinger.

Professor Stefan Pischinger, Vorsitzender der Geschäftsführung bei FEV.

Des Weiteren ist für FEV die Glüh- oder Vorzündung eine der größten Herausforderungen, die Wasserstoff-Verbrennungsmotoren beim Erreichen hoher, dieselähnlich effektiver Mitteldrücke einschränkt. Vorzündung kann bekanntlich durch heiße Oberflächen oder unkontrollierten Schmieröleintrag in den Brennraum verursacht werden.

Der Experte weiß jedoch, dass durch die Auswahl der optimalen Kolbengeometrie und der Auswahl spezieller Kolbenringe sich eine Vor- und Glühzündung effektiv vermeiden lässt. Zusammen mit der richtigen Schmierölzusammensetzung soll somit ein zuverlässiger, emissionsarmer und hocheffizienter Motorbetrieb möglich sein.

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